Preisbegründung der Jury: Gemeinnützigkeit ist unerlässlich für Demokratie

Egon Vaupel

Jury-Sprecher Egon Vaupel trägt die Preisbegründung vor. (Foto: Kalkidan Chane)

Stefan Diefenbach-Trommer hat am 9. Juli das Marburger Leuchtfeuer 2020 entgegengenommen. Die Preisbegründung der Jury hat deren Sprecher Egon Vaupel vorgetragen.
Das Marburger Leuchtfeuer für Soziale Bürgerrechte 2020 verleihen der Magistrat der Universitätsstadt Marburg und die Humanistische Union dem Journalisten und Arabisten Stefan Diefenbach-Trommer in Anerkennung seines herausragenden Engagements für ehrenamtliche Arbeit zugunsten sozialer Gerechtigkeit und einer lebendigen Demokratie. Mit der Auszeichnung würdigt die Jury das breit aufgestellte Engagement des Preisträgers in unterschiedlichsten Bereichen des gesellschaftlichen und politischen Lebens. Insbesondere zeichnet sie sein Engagement für die finanzielle Unabhängigkeit politisch aktiver Organisationen aus.
„Zivilgesellschaft ist gemeinnützig“, lautet der Slogan der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“. 2014 hat Diefenbach-Trommer sie mitgegründet. Als Vorstand leitet er diesen Zusammenschluss von mittlerweile 170 Vereinen und Verbänden aus allen Bereichen gesellschaftlichen Engagements.
Nach Ansicht der Jury verdeutlicht dieser Slogan eine Selbstverständlichkeit, die im geltenden Steuerrecht aber nicht klar genug festgeschrieben ist: Ehrenamtliche Arbeit von Bürgerinnen und Bürgern als Bestandtteil sozialen und politischen Engagements ist unerlässliche Grundlage einer lebendigen Demokratie. Die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden ist Voraussetzung für eine vielfältige und zukunftsorientierte Zivilgesellschaft.
Die Aberkennung der Gemeinnützigkeit von ATTAC und Campact trifft die demokratische Meinungsbildung ins Mark. Geradezu perfide ist in den Augen der Jury der Umggang mit der Vereinigung der Verfolgen des Naziregimes (VVN/BdA), die nach dem Ende der Nazi-Diktatur als Zusammenschluss der Überlebenden der Shoa gegründet wurde. Die weitreichende Festlegung politischer Ziele der Vereinsarbeit ist für die Jury deswegen wichtige Grundbedingung für eine Teilhabe von Menschen unterschiedlichster politischer Richtungen am demokratischen Leben.
Gerade während der Corona-Pandemie konnte man deutlich sehen, wie unverzichtbar bürgerschaftliches Engagement in der demokratischen Gesellschaft ist. Einstimmig für Diefenbach-Trommer entschieden hat sich die Jury aber bereits Mitte Februar. Ausschlaggebend bei der Entscheidung war vor Allem die steuerrechtliche Begünstigung ehrenamtlichen politischen Engagements, für die Stefan Diefenbach-Trommer eintritt wie kein Anderer.
Die Pandemie rückt viele soziale Probleme verschärft ins Blickfeld der Öffentlichkeit. Nahezu alle gesellschaftlichen Probleme sind ohne ehrenamtliches Engagement und finanziell abgesicherte Organisationen nicht zu bewältigen. Die Ausweitung gemeinnütziger Zwecke im Vereins- und Steuerrecht ist das wesentliche Anliegen der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, die Diefenbach-Trommer als „Spiritus Rektor verkörpert.
Zuvor war er beim globalisierungsritischen Netzwerk Attac, im Bündnis „Bahn für Alle“ und bei der Anti-Atom-Koordination „.ausgestrahlt“ tätig. Ehrenamtlich engagiert er sich zudem bei der Bewegungsstiftung und beim Freundeskreis Marburg-Sfax. Auch für die Freie Schule Marburg und bei der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (DJU) in der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hatte er in der Vergangenheit ehrenamtliche Positionen inne.
Diefenbach-Trommers persönliches Merkmal ist, dass er mit einer klaren Haltung auf Menschen mit unterschiedlichsten demokratischen Positionen offen zugeht. Vielfalt im politischen Willensbildungsprozess ist ihm ebenso ein Anliegen wie die respektvolle Auseinandersetzung zum Wohle der Allgemeinheit. Der politische Meinungsstreit auf Augenhöhe ist für ihn Bedingung für demokratische Willensbildung und letztlich eine zukunftsfähige Politik.
Die Bandbreite seines Einsatzes für vielfältigste gesellschaftliche Themenbereiche von der Freien Schule über die Verkehrswende und den Umweltschutz bis hin zur Freiheit der politischen Betätigung verdeutlicht das Interesse von Stefan Diefenbach-Trommer an gelebter Demokratie. Klarer kann man nach Ansicht der Jury den Respekt vor allen Menschen unabhängig von ihrer Herkunft, ihrer sozialen oder wirtschaftlichen Stellung und ihren Bildungserfolgen kaum ausdrücken. Das in Diefenbach-Trommers vielfältiger Arbeit vertretene Menschenbild erfüllt nach Auffassung der Jury in geradezu idealer Weise die Kriterien des Marburger Leuchtfeuers für Soziale Bürgerrechte zugunsten eines herausragenden Einsatzes für die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen Leben.