Nie wieder Faschismus: Begrüßung durch den Marburger HU-Vorsitzenden Franz-Josef Hanke

Begrüßung durch die Humanistische Union Marburg – Franz-Josef Hanke

Im Namen der Humanistischen Union (HU) hat Franz-Josef Hanke am Freitag (9. Juni) die Gäste der Feierstunde zur Verleihung des Marburger Leuchtfeuers 2017 im Historischen Saal des Rathauses begrüßt. Dabei erinnerte er auch an Rolf Hepp.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Anwesende, liebe Karolin Schwarz und – last, but not least – liebe Kattascha,
allzu gerne hätte ich heute auch einen begrüßt, der nicht mehr unter uns ist. Bei der Trauerfeier bezeichnete Bürgermeister Dr. Franz Kahle ihn als den „Typ mit der dicken Brille, dem zerknautschten Gesicht und dem Fahrradhelm“. Rolf Hepp war keiner, der einen Preis wie das Marburger Leuchtfeuer entgegengenommen hätte, aber einer, der sich unermüdlich für Soziale Bürgerrechte und gegen Faschismus engagiert hat. Häufig saß er bei unseren Preisverleihungen hinten im Saal und sprach mich hinterher an beim anschließenden Sektempfang.
Seine Anregung möchte ich heute hier einbringen, ein Mahnmal am Kämpfrasen aufzustellen, das gleichzeitig an den Aufbruch der studentischen Freicorps im März 1920 zur Niederschlagung eines Streiks der Arbeiter von Mechterstädt in Thüringen erinnert und an die Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 ebenfalls auf dem Kämpfrasen. Schön wäre, wenn es aus Metallrohren zusammengebaut werden könnte ebenso wie das Deserteursdenkmal an der Frankfurter Straße, das Rolf eigenhändig zusammengeschweißt hat. Dieses Vermächtnis möchte ich Ihnen, Herr Oberbürgermeister, und den Stadtverordneten mit auf den Weg geben in der Hoffnung, dass die dunklen Kapitel Marburger Geschichte niemals vergessen werden.
„Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!“ So schworen nach dem Ende des 2. Weltkriegs die Überlebenden und spuckten in die Hände, um ein neues Land und unsere heutige Demokratie aufzubauen. Ihr Vermächtnis darf nie in Vergessenheit geraten.
Dafür engagieren sich zwei junge Frauen, die heute im Mittelpunkt unserer Feierstunde stehen. Katharina Nocun – kurz „Kattascha“ oder „Katta“ – wird gleich noch aus beruferenem Munde gewürdigt werden. Vielleicht mag Egon Vaupel am Rande der Preisbegründung auch etwas zu Karolin Schwarz sagen, die er als Laudatorin heute hier vorgeschlagen hat und die ich ganz besonders herzlich begrüße.
Frau Schwarz hat im Februar 2016 das Projekt hoaxmap.org ins Leben gerufen. Damit wollte sie Verleumdungen und Gerüchten über Flüchtlinge entgegentreten, die in den sogenannten „Sozialen Netzwerken“ kursierten und überwiegend keinen anderen Zweck verfolgten als den, zu Rassismus und Fremdenfeindlichkeit aufzuhetzen. Inzwischen arbeitet sie übrigens als Faktencheckerin bei correctiv.org, das unter Anderem die deutschsprachigen Seiten bei Facebook auf sogenannte „Fake News“ hin überprüft.
Im Jahr der Bundestagswahl war für die Jury gerade auch der Schutz der Unschuldsvermutung geflüchteter Menschen ein wichtiges Thema. Wie arm und wie armselig wären wir doch ohne unsere Mitmenschen beispielsweise aus Polen wie Kattascha und meinen lieben Freund Amani aus Eritrea oder die vielen anderen aus über 140 Ländern, die gerade hier in Marburg der altehrwürdigen Philipps-Universität ein wahrlich internationales Flair verleihen; und wie arm wären wir ohne die Geflüchteten, die oft aus nackter Angst in wackligen Schlauchbooten den Weg wagen über das Mittelmeer nach Europa!
Wenn sich plumper Populismus und menschenverachtender Rassismus breit machen, dann müssen die demokratisch gesinnten Bürger dagegen aufstehen. Wenn dreiste Lügen zur wohlfeilen Wahlkampfstrategie werden, dann müssen wir achtsam sein! Demokratie muss jeden Tag wieder von neuem erkämpft werden, wenn unsere Vorfahren ihre Kämpfe für eine bessere Zukunft nicht umsonst geführt haben sollen!
Während „Zeitungsenten“ früher meist versehentlich unterlaufene Fehler waren, sind die „Fake News“ von heute oft absichtliche Falschmeldungen. Wer es jedoch nötig hat, Wahlberechtigte mit Lügen irrezuführen oder gegen andere Menschen aufzuhetzen, der hat kein Kreuz auf dem Stimmzettel verdient, sondern nur einen Denkzettel im wörtlichsten Sinne: Habt den Mut, Euren Verstand zu gebrauchen und besonnen abzustimmen!
Mit dieser Aufforderung frei nach Immanuel Kants Definition der „Aufklärung“ möchte ich schließen. Allerdings tue ich das nicht ohne einen Dank an die Universitätsstadt Marburg und an die Mitglieder der Leuchtfeuer-Jury. Melsene Prinz, Matthias Schulz, Jens Bertrams, Dr. Eckart Fuchs, Jochen Schäfer und Egon Vaupel machen jede unserer Sitzungen zu einem Erlebnis, das ich inzwischen ebenso ungern missen mag wie die wunderbare Feierstunde zur Preisverleihung.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und uns allen eine schöne Feierstunde. Möge das Leuchtfeuer der Erkenntnis und des Engagements für die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen Leben brennen und möglichst selten der Ruf berechtigt sein, den Jochen Schäfer eingangs mit dem Lied von Rio Reiser zitiert hat: „Alles Lüge!“

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