„Alle Menschen sollten sich vor Ihnen verneigen!“ Begleitet von viel Beifall, schallten diese Worte des stellvertretenden Gießener Stadtverordnetenvorstehers Burkhart Schirmer am Montag (19. April) durch den Historischen Saal des Marburger Rathauses. Gemeint war damit Prof. Dr. Dr. Horst-Eberhard Richter, der dort im Rahmen einer Feierstunde das Marburger Leuchtfeuer für Soziale Bürgerrechte erhielt.
Damit haben die Humanistische Union (HU) und die Universitätsstadt Marburg diese Auszeichnung bereits zum sechsten Mal vergeben. Dementsprechend war die Stimmung im Saal feierlich.
Nach eröffnenden Worten von Oberbürgermeister Egon Vaupel folgte eine Begrüßungsrede des 2. Vorsitzenden des HU-Ortsverbands Marburg. „Für uns ist ihr Vorbild ein großes Leuchtfeuer in der Trübnis und Dunkelheit eines Alltags voller Desinteresse, Egoismus und Rücksichtslosigkeit gegenüber den Mitmenschen“, wandte sich Franz-Josef Hanke an den Preisträger.
In der Preisbegründung hieß es dann: “ Mit Prof. Dr. Dr. Horst-Eberhard Richter ehrt die Jury einen vielseitigen Menschen, der sich zeitlebens für soziales Mitgefühl, die seelische Gesundheit der Menschen und Frieden zwischen den Völkern eingesetzt hat. Der Respekt vor seinen Mitmenschen –
ungeachtet ihrer sozialen Stellung, ihrer gesundheitlichen Disposition oder ihrer Nationalität – war für ihn zugleich Auftrag und Motiv seines ärztlichen, wissenschaftlichen und politischen Wirkens.“
Die Laudatio hielt Prof. Dr. Burkhard Brosig. Sehr ausführlich beschrieb er das Leben von Richter. Insbesondere betrachtete er Richters Arbeit im psychiatrischen Bereich und sein Engagement für Menschen, denen es nicht so gut geht. Vor allem sind hier Obdachlose gemeint.
Eine Rolle spielten auch Richters Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg und der Tod seiner Eltern. Richter erfuhr davon erst nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft.
Begleitet von seiner Gattin Bergrun, nahm Richter von Vaupel und Jury-Sprecher Jürgen Neitzel die Urkunde in Empfang. Außerdem erhielt er ein Gemälde zur Erinnerung.
Anschließend bedankte er sich für die Auszeichnung. Er unterstrich aber, dass seine Frau sie genauso verdient hätte und er es lieber hätte, wenn sie öfter im Mittelpunkt stünde.
„Ich habe nach dem Zweiten Weltkrieg drei Mal das Bundesverdienstkreuz abgelehnt, weil viele alte Nazis es auch erhalten hatten“, sagte Richter. „Doch als meine Frau es erhalten sollte, sagte ich ihr, dass ich damit einverstanden bin, wenn sie es bekommt.“
Das Marburger Leuchtfeuer sei ihm wichtiger als andere Preise, erklärte Richter, „weil es von Herzen kommt“. Gerade im sozialen Bereich gebe es viel Handlungsbedarf.
„Mensch bleiben!“ Diesen Leitspruch von Jürgen von Manger zitierte Hanke bei der Verleihung. Er fasst sehr gut den Eindruck zusammen, den man während der Feierstunde von Richter bekam. Deshalb hat die Jury wohl die richtige Entscheidung getroffen und dem Gießener Psychiater und Philosophen diesen wichtigen Preis verliehen. Kevin Barth